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Donaudelta

Bootstour durch das Donaudelta

Die Donau ist uns eigentlich vertraut. Wir sind in den letzten Jahren bereits einige hundert Kilometer am Fluss entlang durch Passau, Regensburg, Linz oder Wien geradelt. Nach über 2800km erreicht dieser gewaltige Strom das Schwarze Meer. Wir wollten immer schon mal sehen, wie es dort aussieht – die Vorstellung war bisher immer ein wenig diffus. Das Donaudelta umfasst eine Fläche von über 4500 Quadratkilometern. Der Fluss teilt sich ab der Stadt »Tulcea« in drei Hauptarme. Dazwischen liegt ein Labyrinth aus Seen, Sümpfen, Kanälen, Schilfdickicht, schwimmenden Inseln und Wäldern. Dort leben auch die einzigen Pelikane Europas und viele seltene Pflanzen- und Tierarten.

Nachdem dieses Areal nur mit dem Boot zugänglich ist, machen wir - insgesamt vier Paare - eine geführte Tour mit dem jungen Campingplatzbesitzer. Morgens um 5:30 Uhr starten wir warm angezogen, mit Mütze, Anorak und Handschuhen los, denn im Fahrtwind wird es richtig kalt. Wir erleben die Fahrt in ehrfürchtigem Staunen – alle sind berührt und keiner spricht. Der Sonnenaufgang, die Wasserkanäle, die Lichtreflexionen, die vielfältige Tier- und Pflanzenwelt und diese unglaubliche Weite. Ein polnisches Ehepaar reicht uns immer mal wieder ihr Fernglas und so können wir die vielen Vogelarten aus der Nähe betrachten. Wir sehen den Eisvogel, zahlreiche Enten- und Reiherarten, einen Adler, einen Schakal, wilde Pferde und als Höhepunkt schließlich ca. 30 Pelikane, die vor uns lautlos über einen riesigen Binnensee gleiten. Einfach unfassbar!

Wir machen einen Stopp bei einheimischen Fischern (Fisherman-Camp) und erfahren einiges über ihren mühseligen Alltag mit Reusen und Netzen.

»Karaorman« – ein Hauch von Tschernobyl

Ein zweiter Stopp auf der Bootstour ist die sandige Insel »Karaorman« (übersetzt: Schwarzer Wald), der östlichste Punkt unserer Reise. Wir erwarten uns einen kleinen, naturbelassenen Touristenort mit Souvenirständen in Postkartenidylle.

Wir landen an einem überproportionierten Hafen und es bietet sich uns ein bizarres Bild, das an Tschernobyl erinnert: Industrieruinen, Sandstraßen, abgewrackte Fahrzeuge und viele unbewohnte, verfallende Häuser. Auf dem kargen Boden grasen wilde Esel. Wir erfahren von unserem Guide, dass Ende der 1980er Jahre einst 3500 Menschen hier lebten. Jetzt sind noch 150 Leute übriggeblieben, davon sechs schulpflichtige Kinder. Es gibt auf der Insel keinen Arzt, keinen Priester und keine Polizei. Unter der Regentschaft von »Nicolae Ceaușescu« sollte dort eine Glasfabrik entstehen. Als diese 1989 schließlich fertiggestellt war, endete die Ära des Diktators gewaltsam und das Projekt wurde umgehend gestoppt. Die Häuser für die Fabrikarbeiter wurden nie bewohnt und lediglich die wilden Esel gehen ein und aus. Wir schlendern durch den Ort und besuchen das einzige Geschäft. Hier scheint die Zeit stehengeblieben zu sein und es herrscht eine äußerst befremdliche und irgendwie trostlose Stimmung. Keiner von uns spricht laut und wir verzehren stillschweigend unsere mitgebrachte Brotzeit und einen Kaffee im Plastikbecher. Milch gibt es gerade keine.

 

Von der sonderlichen Insel geht es weiter durch das Delta auf engen Kanälen, über mehrere Seen, ein Stück über den südlichen Hauptarm der Donau: »Svantu Gheorghe« bis zurück zum Ausgangsort. Mit unseren Handykameras kommen wir an unsere Grenzen, denn es ist leider nur bedingt möglich, die Tiere heran zu zoomen. Wir bitten unsere polnischen Mitfahrer, ob sie uns ein paar schöne Aufnahmen zukommen lassen können. Wenn sie uns Fotos schicken, liefern wir sie gerne nach. Diese Tour wird uns auf jeden Fall noch lange in Erinnerung bleiben.

Übrigens begegnet uns auf dem gesamten Ausflug durch das Delta und auch auf dem Campingplatz keine einzige Stechmücke.

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Kommentare: 3
  • #1

    Erika (Samstag, 11 September 2021 12:30)

    So anders und beeindruckend, die Natur, weitgehend sich selbst überlassen und die Lebenswelt von Menschen, schwer belastet. Liebe Grüße

  • #2

    Sieglinde (Samstag, 11 September 2021 13:06)

    Ich fühle mich, als ob ihr mich ein Stück auf eure Reise und mitnehmt. Es ist wie ein Fenster, durch das man ein paar Eindrücke erhaschen kann.
    Ganz liebe Grüße

  • #3

    Kletzlfranz (Sonntag, 12 September 2021 11:28)

    Vielen lieben Dank für eure Reiseberichte. Es ist für uns immer eine wunderbare „Mit-Reise“ in euren Abenteuern.
    Bleibt gesund und behütet